Für mehr Politik im Theater für Junges Publikum

Gerade in Zeiten der Pandemie scheinen sich die Meinungen im öffentlichen Raum mehr und mehr zu polarisieren.

Links oder rechts, für oder gegen Trump, Masken tragen oder einfach gar keine Abstände mehr halten – nicht nur, dass sich die Gräben inzwischen sogar durch Familien ziehen, die aggressiven Stimmen auf allen Seiten werden lauter, rufen nach Kulturkampf und immer mehr gerät auch das Theater für das Junge Publikum zwischen die Fronten. Darf ein Theater für Kinder und Jugendliche überhaupt politische Haltungen vertreten? Muss es politisch neutral agieren, alle Meinungen gleichberechtigt präsentieren? Muss es genau das Gegenteil tun, nämlich erziehen? Wer bestimmt dann, welche Moral die Geschichten haben?

Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Das Theater für Junges Publikum muss genauso politisch sein wie sein Publikum.

Und wer schon einmal mit Kindern über Themen wie Gerechtigkeit, Armut oder gar mit pubertierenden Teenagern über Kapitalismus und Klimawandel gesprochen hat, der weiß eines ganz sicher: Kinder und Jugendliche sind im besten Sinne politisch. So bleiben einem als Erwachsenen oft nur Verweise auf die angebliche Komplexität der Sache für die man ja nun doch etwas mehr Lebenserfahrung braucht – auf jeden Fall mehr, als der junge Mensch, der vor einem steht. Wenn wir diese Welt wirklich in eine positive Richtung verändern wollen – und das behaupten ja dann doch fast alle politischen Seiten – dann ist es an der Zeit, dass wir unsere Kinder und Jugendlichen als politische Wesen begreifen, von denen wir als Erwachsene lernen können. Vor allem aber muss deren Stimme gehört werden! Und genau hier kann das Theater für Junges Publikum eine wichtige Rolle spielen. Wie kaum eine andere Institution sind wir als Theater im Kontakt mit unseren Zuschauer*innen. Wir arbeiten in den Schulen und Kindergärten, Kinder und Jugendliche sind Teil von Projekten, Clubs und Theaterkollektiven und im Gegensatz zur Institution Schule haben wir keine Lehrpläne abzuarbeiten und genießen die wunderbare Freiheit der Kunst.

Über Freiheit im Theaterbetrieb wurde und wird sicherlich noch an vielen Stellen geschrieben, aber eines ist gewiss:

Im Theater für Junges Publikum trifft sich die gesamte Gesellschaft, das hat es dem Theater für Erwachsene absolut voraus und wer wollte diese Gelegenheit nicht nutzen, um gesellschaftlich relevante Themen wirklich zu behandeln und nicht nur von oben herab moralische Grundsätze zu proklamieren.

Ein Theater auf Augenhöhe, das die Stimmen seines Publikums hört und wiederum auf der Bühne hören lässt, ist politisch. Alles andere ist Kinderbelustigung. Damit ist nicht gemeint, dass immer oder überwiegend Kinder auf der Bühne stehen müssen.

Text. Manuel Moser

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